Montag, 23. Mai 2022

Im Wasser tanzen

 Das richtige Equipment ist wichtig: Dichte Schwimmbrille oder besser Tauchermaske, die auch die Nase bedeckt, Nasenklammer oder zur Not auch Ohropax (die sind aber wie ein Schwamm und lassen ein wenig Wasser durch). Vielleicht wären Gewichte gegen den Auftrieb gut.

Platz ist wichtig, damit man sich nicht darum Sorgen machen muss ob man andere Leute belästigt.

Technik? Dafür brauche ich noch mehr Erfahrung. Für mich hat es sich als vorteilhaft herausgestellt, keine Schwimmbewegungen mit den Beinen zu machen um niemanden zu treten. Außerdem musste ich halb ausatmen um nicht zu viel Auftrieb zu haben.

Andere Erkenntnisse: Irgendwas hat die Bewegung in warmem Wasser an sich, dass ich gefühlt alle 20 Minuten zum Pinkeln muss.


Donnerstag, 24. Juni 2021

Blind Jam

 23.06.2021 re:tribe Studio am Habsburgerplatz


Acht Tänzer mit verbundenen Augen wälzen sich über den Boden und genießen offensichtlich was sie tun. Bei einigen kann man sehen, was sie mitgebracht haben: Erwartungen. Vorstellungen, wie eine Blind Jam auszusehen (haha!) hat. Emotionalen Ballast und Erinnerungen, von denen sie nicht wissen konnten, dass sie durch die Berührung der Oberfläche wieder an die Oberfläche kommen.

Ein paar Mal hielt ich mit meinen Händen je eine andere. Die Hände bewegen sich synchron. Nicht verwunderlich bis ich merke, dass diese Hände nicht zur gleichen Person gehören.

Momentan begleitet mich die Frage, wie es sein könnte, wenn es anders wäre. Und warum es Experten gibt, die genau zu wissen scheinen, wie es 'besser' oder 'richtiger' sein könnte.

Mein Gänsehautmoment: Ich habe angefangen mit der Musik mitzusingen und einer nach dem anderen haben alle mit eingestimmt. Wir haben uns an den Händen gehalten und gemeinsam gesungen.

Mein Wermutstropfen: Die Begegnung mit manchen Menschen haftet an und in mir wie ein Nachgeschmack. Nicht immer ist der Nachgeschmack angenehm.

Meine Erkenntnis: Contact Improvisation kann ein wohliges Kissen sein, in dass man sich hineinfallen lässt. Ich benutze es momentan lieber als Schleifstein.

Montag, 7. Dezember 2020

Kuscheln und Berühren

 Wusstet ihr, dass es professionelle Kuschler gibt? Ich auch nicht. 

Deswegen hab ich mir das mal bei einem Kuschel- und Berührungsworkshop angesehen. Da gefühlt eh mindestens die Hälfte aller Contact-Improvisation-Jams in Kuschel- und Streichelrunden enden, ist das eine gute Ergänzung zu den üblichen CI-Workshops.


Mein wichtigster Lernerfolg: Ja, ein wenig macht man das auch für sich, aber vor allem geht es darum, was der andere mag bzw. was ihm oder ihr gut tut. Und da ist jeder anders. Eine Richtlinie, die ich hilfreich fand, damit sich jemand entspannt ist nichts überraschendes zu machen. Stattdessen bitteschön immer den gleichen Pfad entlang streicheln. Immer mit der gleichen Geste/Berührung einen Zyklus abschließen oder einleiten. Das mag für einen selbst langweilig werden, für den Bestreichelten erleichtert es wegzudriften.


Ziel der Berührungen ist es im Berührten die Oxytocin-Produktion anzukurbeln. Oxytocin entspannt, macht ein wenig schläfrig und glücklich. Es scheint noch für so einiges mehr gut zu sein, aber da will ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.


Allerdings hab ich festgestellt, dass Oxytocin allein nicht reicht. Ich mag es mich zu bewegen. Nachdem ich mich ausgepowert habe und schon einige andere selbst produzierte Hormone durch meinen Körper kreisen, kann ich es genießen still gehalten und berührt zu werden. Ohne mich vorher bewegt zu haben ist es auch nicht schlecht, aber die Wirkung ebbt (zumindest bei mir) viel schneller ab.


Und die verschiedenen Berührungen an verschiedenen Körperstellen haben mir wieder mal bestätigt, dass es ein paar Kombinationen gibt die ich mag und ein paar, die ich nicht mag.

Es gibt ein paar Daumenregeln, aber ansonsten sollte man immer einen Weg finden herauszufinden, was der/die andere mag und was nicht.

Im Zweifelsfall nachfragen oder darauf hören ob ein Schnurren/Knurren kommt.


Zum Weiterlesen:

Kuschelkiste

Kuschelpraxis

Kuschelraum

Kuschelhimmel

Montag, 30. November 2020

Traditionen, Flüsterkneipen, Pest und Cholera

Ich habe aus dem Interesse zu verstehen, was ich tue, Volkskunde / Vergleichende Kulturwissenschaften studiert. Was ich tue und warum, kann ich nur verstehen, wenn ich weiß, was das in meiner Gesellschaft bedeutet. Einfaches Beispiel: Mitglied in einem Fußball-, Cricket-, oder Lacrosse-Verein zu sein, ist in vielen Ländern ziemlich normal, in anderen ziemlich exotisch.


Über Dinge, die 'normal' sind, muss man nicht lange nachdenken. Sollte man aber, vielleicht gerade weil die Normalität das Sich-darüber-wundern erschwert. Wo gibt es überhaupt interessante Fragen, wenn etwas normal und gewohnt ist?

Die Corona-Maßnahmen bringen neue Faktoren und Fragen ins Spiel. Zum Beispiel, was passiert, wenn jemand seinen Sport nicht mehr ausüben darf. Was passiert, wenn jemand seinen Sport tatsächlich nicht mehr ausübt? Oder sich über die Beschränkungen hinwegsetzt und trotzdem weitermacht?

Schon ist man auch bei gesellschaftlichen Fragen.


Mal ganz konkret für Contact Improvisation: Neulich hat jemand gesagt, dass die Situation an die Prohibitionszeit erinnert. Offiziell gibt es keine Jams und Workshops mehr. Außer man weiß, wann und wo sie stattfinden. 

Den einen gefällt das gar nicht. Verständlich. Die gesetzlichen Regelungen sollen die Ausbreitung des Virus verhindern. Wer gegen die Regelungen verstößt, nimmt in Kauf andere damit zu gefährden.

Die anderen haben kein Problem damit. Sie sind gut vernetzt, wissen wo was stattfindet und sind risikobereit.

Und die dritten bekommen davon überhaupt nichts mit. Menschen, die unter anderen Umständen Contact Improvisation kennen gelernt hätten, erfahren jetzt einfach nichts davon.


Ich kann wirklich nicht sagen, ob und wie man das Für und Wieder abwägen kann. Rechtfertigen die positiven Aspekte einer Jam die möglichen oder tatsächlichen negativen Auswirkungen? Auch wenn sich niemand ansteckt, reicht allein die Tatsache, dass etwas angeboten wird, dass zumindest Diskussionen entstehen, die nicht zu einem Kompromiss führen können.

 

Ich kann aber (dank Studium) etwas über Traditionen sagen: Traditionen sind sehr wandelbar bis hin zur völligen Auflösung oder Neu-Erfindung. Träger, Funktion und Kontext können sich unmerklich ändern. Wie Planken im Schiff des Theseus, das nach und nach komplett erneuert wird und (vielleicht) trotzdem noch das gleiche Schiff ist. Wenn wir bei dem Bild des Schiffes bleiben kann es aber auch passieren, dass die Planke, die ausgewechselt werden soll, unter der Wasserlinie liegt und das Schiff noch nicht das Trockendock erreicht hat.

Einfach gesagt: Manche Traditionen gehen einfach unter. Geschäfte machen zu, Technologien werden abgewechselt, Menschen engagieren sich nicht mehr.

Langer Rede kurzer Sinn: Wie Nancy Stark Smith gesagt hat, wissen wir nicht, in welcher Entwicklungsphase der Contact Improvisation wir uns befinden. In den ersten Jahrzehnten einer Geschichte, die so lange dauern wird wie die anderer Sportarten? Oder in den letzten Jahren einer Nischensportart?


Traditionen können jederzeit verändert und neu erfunden werden. Das Gefühl etwas zu machen, das quasi bis in vorgeschichtliche Zeit (oder zumindest seeeehr lange) zurückreicht und sich damit selbst legitimiert, stellt sich von selbst ein. Aber es braucht halt jemanden, der das macht. Ich schätze die Aktiven der Contact-Improvisation-Szene nicht so ein, dass sie sich nach ein paar Monaten Einschränkungen plötzlich anderen Interessen zuwenden, aber wie gesagt: Es wird schwieriger für Menschen Contact Improvisation kennen zu lernen und Schwund gibt es immer. Wenn die Basis wegbröckelt, fehlen irgendwann auch (semi)professionelle Lehrer. Für manche sind die nicht so wichtig. Ein wenig Anleitung zum Kuscheln oder Toben geben kann schließlich jeder, oder? Aber Contact Improvisation ist mehr. Contact Improvisation ist etwas anderes. Es gibt viele Menschen, die Ahnung vom Tanzen, Atmen, Massieren, usw. haben und das in eine Contact-Improvisation-Veranstaltung einfließen lassen können. Aber nur wenige, die Ahnung von Contact Improvisation haben und in ihre Veranstaltungen Tanzen, Atmen und Massieren einfließen lassen können.


Könnten wir den Lockdown einfach aussitzen? Sicher. Freundliche Menschen, die Geld spenden, gibt es genügend. Irgendwie werden sich die Lehrer schon über Wasser halten. Können ja auch mal was 'richtiges' arbeiten. 

Könnte es nach dem Aussitzen wieder weitergehen wie zuvor? Ja, könnte. Contact Improvisation erfüllt ein Bedürfnis und das schon so lange, dass die meisten Menschen immer wieder zurückkommen werden.
Könnte es nach den Regelverstößen durch geheime Treffen zu weitergehen wie zuvor? Ja, könnte. Aber es könnte Veteranen geben, die die ganze Zeit über dabei waren und andere Veteranen, die freiwillig verzichtet haben.

Ich vermute Contact Improvisation steckt sowohl die Einschränkungen als auch die Verstöße dagegen einfach weg

Aber nichts ist sicher, wenn es um Traditionen geht.

Montag, 16. November 2020

Tanzen im Wasser im Neoprenanzug

Hallenbäder zu - Freibäder sowieso, aber wozu gibt es spontane Ideen und Online-Auktionshäuser. Also kurzentschlossen einen Neoprenanzug ersteigert und rein ins Vergnügen.

Ich hatte ehrlich keine Ahnung, was mich erwartet. Ich hab einen Anzug mit entsprechender Dicke (und sogar einer zusätzlichen Eisweste) erstanden und einmal zu hause anprobiert.

Uiuiui, danach war mir warm. Und mir war klar, dass es gar nicht so einfach ist einen hautengen Neoprenanzug an- und wieder auszuziehen. Und es konnte losgehen. Also am nächsten Wochenende ab zum Badesee und ab ins Wasser.

Der Unterschied zwischen angezogen und nur mit Badehose ist schon ziemlich deutlich. Das Wasser hatte etwa 12 Grad und ich bin gut damit klar gekommen. Meine Hände, Füße und das Gesicht waren frei, zwischendurch hab ich auch die Kapuze komplett vom Kopf gezogen und das war auch in Ordnung.

Sich im Neoprenanzug zu bewegen ist ein wenig gewöhnungsbedürftig. Auf der einen Seite angenehm, weil man zusätzlichen Auftrieb hat und auf dem Wasser treiben kann, wie in einem Floating-Tank. Auf der anderen Seite aber auch anstrengender, weil sich der Schwerpunkt verschiebt und man gegen den Widerstand des Anzugs arbeiten musst.

Alles in Allem: Super. Genau das, was ich mir erhofft hatte. Jetzt brauche ich nur noch jemanden, der mit mir mitschwimmt.

Donnerstag, 8. Oktober 2020

Ist die Stadt tanzbar? Aber so was von!

Eine Frage, die mich beim Contact-Improvisation-Tanzen begleitet ist "Was mache ich hier überhaupt?"

Um diese Frage herum kreisen viele andere Fragen. Zum Beispiel: "Wie beeinflusst der Raum den Tanz?" 

Ich habe nichts gegen das Studio Freitänzer, das Lachdach, das Freie Musikzentrum oder die anderen Orte, an denen Contact Improvisation stattfindet, ganz im Gegenteil. Mir gefällt's dort. Aber ich bin misstrauisch. Nur weil ein Ort passt und vorgibt für etwas gemacht zu sein (in einem Tanzstudio wird getanzt. Klingt einleuchtend...) muss das ja noch lange nicht heißen, dass es keine anderen oder vielleicht sogar bessere/spannendere/lehrreichere Orte gibt. Ich fürchte, dass es verführerisch ist, sich in ein geschütztes Nest zu begeben und sich dort schön einzuiegeln. Das will ich nicht. Ich will flügge werden und auch mal auf den Schnabel fallen.

Deshalb war Ausgabe 2 der Contact Improvisation Werkstatt am 08.10.2020 dem Thema "Tanzen im öffentlichen Raum" gewidmet.
10 Minuten bevor es offiziell losgehen sollte, hatte ich das Gefühl, dass außer mir keiner kommen würde und so war es dann auch. Schade eigentlich, denn mit jemand anderem zu tanzen, hätte dem Experiment noch eine ganz andere Dimension gegeben, aber so war es auch in Ordnung. So hab ich halt allein mit der Stadt getanzt.


Diana-Tempel im Hofgarten

Ich muss gleich kleinlaut zugeben, dass "mit der Stadt" tanzen schon ziemlich großkotzig ist. Ich habe angefangen mit einzelnen Orten zu tanzen. Mit dem Diana-Tempel zum Beispiel. Meine Schuhe kratzten über den Boden, Leute, die normalerweise einfach quer unter der Kuppel durchgelatscht wären, haben einen Bogen darum herum gemacht. Es ist nur eine Nebensächlichkeit, aber indem ich dort getanzt habe, habe ich den Raum ein wenig verändert. Ich würde nicht behaupten, dass ich ihn mir zu eigen gemacht habe, aber ich habe ihn auch nicht anderen überlassen.

Überhaupt die anderen und ihr Raum: Bürgersteige sind dazu da von A nach B zu kommen oder in Schaufenster zu schauen. Parkbänke sind zum herumsitzen. Straßen sind für die Bewegung von Fahrzeugen. Aber Tempel von Gottheiten, die seit Jahrhunderten nicht mehr verehrt werden? Offensichtlich sind sie als Kulisse da. Als optische Marker für die nicht abreißenden Momentaufnahmen in den Handys der Touristen. Dort zu tanzen ist nicht ganz so abwegig wie die Göttin Diana anzubeten, aber auch nicht weit davon entfernt. Und wer sagt denn, dass ein Tanz keine Anbetung der Jagd-Göttin sein kann? Ich hab immer noch lauter Fragen im Kopf und weiß nicht so recht, wo ich eigentlich getanzt habe, als ich dort getanzt habe.

Zur Qualität des Tanzes kann ich nur sagen, dass ich mehrere Anläufe gebraucht habe um mich wohl zu fühlen. Wenn ich nochmal mit anderen dort tanze (ja, du bist herzlich dazu eingeladen), werde ich einen Besen mitnehmen um den Boden vorzubereiten. Aber so lange man keine Angst vor ein wenig Dreck, ein wenig Wind und ein wenig Kälte hat, lässt es sich dort wunderbar aushalten. Bänke am Rand, die Stadt im Blick, sogar eine Uhr. Fast wie in einem Übungsraum.


Kriegerdenkmal im Hofgarten

Ich war schon ein paar Mal im Hofgarten, das Kriegerdenkmal hab ich aber noch nie vorher bemerkt. Man steigt einige Stufen hinunter in ein rechteckiges Becken, in dessen Mitte mehrere Steinblöcke wie ein Dolmen über der Statue eines liegenden Soldaten aufgeschichtet sind. Auf der einen Seite sieht man die oberen Stockwerke der Bayerischen Staatskanzlei über den Rand der Mauer, ansonsten ringsum nur ein wenig Botanik und den Himmel. Man hört die Welt um sich herum, sieht aber nicht viel davon. Und die Mitte wird dominiert von der schattigen Senke mit der Erinnerung an das Grauen des Krieges.

Für einen melancholischen Solotanz genau richtig, aber als Gruppe, die mehr auf getanzte Lebensfreude aus ist, würde ich da nicht unbedingt hingehen. Trotzdem: Irgendetwas an diesem Ort hat mich angesprochen. Es ist sofort ein Tanz entstanden.


Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Altstadtring-Tunnel

Ich musste gar nicht nach Orten suchen, die tanzbar waren. Die Münchner Innenstadt ist voll von Hinterhöfen, Arkaden, Durchgängen, Nischen. Man findet hier immer was, auch wenn es regnet. Keine 200 Meter vom Trubel des Odeonsplatz/der Ludwigstraße entfernt, ist die Stadt teilweise richtig verlassen. Hier gibt es nur noch schnelle Menschen, die von A nach B wollen und einsame Tänzer nicht mehr als mit einem scheelen Seitenblick schenken.

Im Altstadtring-Tunnel bin ich schon mal für ein Kunstprojekt in einer Metallröhre gelegen, die mit einer Flex bearbeitet wurde. Deshalb lag er als fest eingeplante Station auf meinem Weg. Der Boden ist zwar nicht sehr gemütlich, aber zum Tanzen ist hier jede Menge Platz. Irgendwas hat dieser Tunnel. Vielleicht ist es seine Breite oder die leichte Steigung. Oder der erhöhten Rand, der wie eine Bank für Zuschauer wirkt. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Tunnel so sauber wirkt. Wie eine Galerie des Nichts und der verstreichenden Zeit, die man irgendwie zu füllen versuchen muss.



Nachtrag: Hier nicht stehen

Am nächsten Morgen auf dem Weg zur Arbeit komme ich in "Eine berührbare Welt" von Heike Pourian (https://beruehrbarewelt.de/#slide4) zufällig bei einem Kapitel über Tanzen im öffentlichen Raum an. Für mich hat sich die Frage, ob man das als Contact-Improvisation-Tänzer machen sollte, gar nicht gestellt. Die Möglichkeit zum Ausprobieren ist, da, warum sollte man sie also nicht ausprobieren?

Und dann: 30 Sekunden bis meine S-Bahn kommt. Ich gehe ganz nach hinten um dort einzusteigen, wo ich beim Aussteigen genau da rauskomme, wo ich rauskommen möchte. Und bleibe stehen. Die Bahnsteigaufsicht sagt mir, dass dieser Bereich nur zum Laufen da ist, nicht zum Stehen. Mein kindischer Widerspruchsgeist springt darauf an und ich laufe die 5 Sekunden, bis meine S-Bahn einfährt und stehen bleibt, hin und her.

Ich habe mich danach ein wenig schuldig dafür gefühlt. Ich verstehe warum es den markierten Bereich gibt, in dem man nicht stehen bleiben soll. Bei großer Auslastung würde es hier zu einem Gedränge kommen. Aber der Bahnsteig war leer, also habe ich mich eigenmächtig darüber hinweggesetzt. Die arme Bahnsteigaufsicht ist sich wahrscheinlich auch noch verarscht vorgekommen. Aber ich konnte einfach nicht anders ...

Donnerstag, 3. September 2020

02.09.2020: Fallen, Tiefschläge und Redebedarf

Ort: Quax, Helsinki-Straße 100 München

Zeit: 02.09.2020, 18:30 Uhr - 20:30 Uhr


Zusammenfassung: Das Contact-Improvisation-Leben in München beginnt sich wieder zu regen und ich habe mir gedacht es wäre vielleicht eine gute Idee neben Jams und Workshops noch einen draufzusetzen und (wieder) ein offenes Treffen anzubieten, bei dem man nach Herzenslust reden, fragen, ausprobieren und üben kann. Es gab (bis?) 2019 das Contact Lab in München, aber leider vor meiner Zeit, also weiß ich nicht was dort gemacht wurde. Ich habe nur gesehen, dass erfahrenere Tänzer angesprochen wurden. Ich wollte was, bei dem jede(r) mitmachen kann.  Und offensichtlich war ich da nicht die/der einzige.

Der Kontakt mit dem Quax bzw. dessen Trägerverein Echo eV hat wunderbar geklappt und vor Ort war auch alles toll. Der Veranstaltungssaal ist schätzungsweise etwa so groß wie der große Raum im Freitänzer, der Boden aber härter. Dafür gibt es eine Fensterfront mit Blick ins Grüne. Bei schönem Wetter kann man bestimmt auch auf der Wiese was machen.

Das Team des Trambahnhäusl hatte sich etwas später bei mir gemeldet, deswegen hat es dort nicht geklappt, aber für kleine Gruppen gäbe es dort auch eine Möglichkeit regelmäßig was zu machen.

Wir haben einige Sachen ausprobiert, viel geredet und ein paar Fragen besprochen.


Fallschule: Aus Judo und anderen Kampfsportarten bin ich es gewohnt, bei den Grundlagen anzufangen. Konkret erst mal bei der Sicherheit. Wie schaffe ich es mir nicht zu sehr weh zu tun, wenn ich auf dem Boden aufkomme?
Wir haben ein paar Übungen gemacht.
Zum Beispiel am Boden um die eigene Längsachse rollen und herausfinden, wo die Ecken und Kanten sind, an denen man blaue Flecken bekommen kann. Bei mir sind es der zum Körper gerichtete Fortsatz des Oberarm-Knochens, die Knie und die Hüfte. Meist reicht es, wenn man sich ein wenig rund macht, oder die Stellung ein wenig verändert, um die empfindlichen Knochen nicht mehr in Bodenkontakt zu bekommen.
Die "Aikido-Rolle" durfte natürlich auch nicht fehlen. Die Idee dabei ist, sich nach vorn über den Rücken abzurollen und die Energie dabei so großflächig und gleichmäßig wie möglich zu verteilen. Wenn man mit der rechten Schulter anfängt, sollte man nicht mit der rechten Schulter aufkommen sondern erst darunter auf dem Rücken und dann schräg weiter nach unten über die Hüfte abrollen.
Die nächste Übung war nach hinten auf den Rücken zu fallen. Ich hab das auch schon lang nicht mehr gemacht und es hat ein wenig Überwindung gekostet mich auf jemanden zu setzen, der im 4-Füßer-Stand am Boden gekniet ist und mich rückwärts runterfallen zu lassen. Wichtig ist dabei das Kinn einzuziehen, damit der Hinterkopf nicht auf den Boden knallt und den Rücken rund zu machen, damit er wie eine Feder etwas von der Energie aufnehmen kann.
Seitlich fallen kann ich selber nicht besonders gut, das sollte ich auch mehr üben.

Fazit: Alleine fallen und mit Partner fallen sind zwei unterschiedliche Dinge. Im Zweifelsfall sollte man in der Lage sein so zu fallen, dass man Verletzungen vermeidet. Das bedeutet:
* Die Gelenke nicht in eine ausweglose Lage bringen. Besonders die Finger sind empfindlich. Arme können unter dem Körper eingeklemmt und Gelenke verdreht werden. Der Instinkt bevorzugt den direkten Weg, aber der führt oft auch zum größten Widerstand.
* Den Kopf schützen
* Das Gewicht so gut es geht verteilen. Wenn's dabei kracht ist es egal. Es soll nur nichts kaputt gehen.
* Lernen, wo was wie weh tut. Wenn ich auf den Rücken falle, kann es schon mal sein, dass mir kurz die Luft wegbleibt, aber das ist nicht schlimm.
*Sich an den Boden ankuscheln. Fallen macht Angst, aber wer's nicht übt, kann sich im Fall eines Falles nicht elegant abfangen und hat dementsprechend wahrscheinlich auch Hemmungen davor in Lifts zu gehen oder schneller auf den Boden kommen.


Fragen: Besonders im Tanz mit mehreren Leuten kommt man in Kontakt mit Genitalien, Gesichtern und anderen empfindlichen Körperteilen, was vermeintlich oder wirklich zu unangenehmen Situationen führen kann. Wie schlimm ist es für denjenigen, der plötzlich einen Zeh in der Nase oder ein Knie auf seinen Weichteilen hat?

Fazit: Schön ist es nicht, aber auch nicht wirklich schlimm. 


Lifts: Wir haben verschiedene Möglichkeiten ausprobiert auf die Schulter eines Partners zu kommen ohne viel Kraft aufwenden zu müssen.

Fazit: Ein gezielter, frontaler Sprung klappt ganz gut. Eine andere Möglichkeit, die ohne größeren Kraftaufwand funktioniert ist eine Art O-Goshi (großer Hüftwurf) aus dem Judo, mit dem Unterschied, dass der Hebende seinen Arm von der anderen Seite um den Körper des Gehobenen legen muss, damit der sich weiter nach oben rollen kann.


Rücken-Rollen mit 3 Personen: Wir haben uns erst zu weit im Vierfüßler-Stand aneinandergestellt, einer ist auf der dem Partner zugewandten Seite ein wenig eingeknickt und der andere hat sich gestreckt um Rücken an Rücken über den Partner drüber zu rollen. Auf der anderen Seite angekommen sind beide wieder in der Ausgangssituation und das Spiel kann mit gewechselten Rollen weitergehen.
Kommt ein dritter Partner dazu, wird der Weg zum Rollen länger und man muss seine Technik ein wenig anpassen um elegant auf der anderen Seite anzukommen. Anstatt parallel über die Rücken zu rollen, kann man sich auch im 90-Grad-Winkel auf den ersten Partner setzen, über den eigenen Rücken (schön rund machen) nach hinten rollen und dann in einer Art Handstand auf der anderen Seite herauskommen.
Eine weitere Abwandlung ist Kopf voraus zwischen die beiden Partner zu tauchen und dann eine Rücken-Rolle über den zweiten Partner zu machen. Klappt nicht immer, ist aber sehr lustig.


Coapoeira: Wir haben eine kurze Capoeira-Einlage gemacht.

Fazit: Die Grundlagen von Capoeira sind die Ginga (Grundschritt) und die Malicia (Gewitztheit/Hinterhältigkeit).


Dehnen: So wie das Fallen fehlt mir in den Contact-Improvisation-Veranstaltungen das Dehnen. Ich habe gelernt, dass man einen einzelnen Muskel so lange dehnen sollte, bis der seinen Widerstand aufgibt und loslässt. Erst danach beginnt das wirkliche Dehnen. Wie lange das dauert, ist von Mensch zu Mensch und Muskel zu Muskel unterschiedlich. Ich hab Zeiten zwischen 20 und 30 Sekunden gehört.

Im Wasser tanzen

 Das richtige Equipment ist wichtig: Dichte Schwimmbrille oder besser Tauchermaske, die auch die Nase bedeckt, Nasenklammer oder zur Not auc...